Weihnachtsschmuck made in China

15.12.2009

Doch Huang denkt weiter. Gemeinsam mit anderen Unternehmern sitzt er im Vorstand der ortlichen Weihnachtsgenossenschaft, bei deren Treffen es nicht um den Austausch von Lebkuchen-Rezepten geht, sondern um die Zukunft der Branche, um den notwendigen Strukturwandel. Denn noch hilft die Regierung den Exportbetrieben, indem sie den Kurs der Landeswahrung niedrig halt, was die Produkte zusatzlich verbilligt. Doch das wird nicht immer so sein, und dann konnten andere Billiglohnlander der Weihnachtsindustrie von Yiwu schnell den Rang ablaufen. In Yiwu wissen sie das. Der Ausweg, sagen die Unternehmer, hei?t Qualitat. “Wir mussen die Qualitatsstandards aller Produkte erhohen. Nur so konnen wir langfristig unsere Anteile absichern”, sagt Chen Jilin, der Geschaftsfuhrer der Genossenschaft.

Gleichzeitig hofft die Branche, dass Weihnachten auch in China an Popularitat gewinnt. Bei der Hangtian Arts & Crafts bleiben schon 15 Prozent der produzierten Ware im Reich der Mitte. Vor allem in den Metropolen wird der Bedarf an Festdekoration gro?er. Die Innenstadte leuchten rund um das Fest, das meiste wurde selbst der alte Auslander mit der roten Mutze als kitschig bezeichnen. In der Genossenschaft sinnt man nun nach Wegen, den gewaltigen Binnenmarkt zu beleben, wodurch sich die Abhangigkeit vom Export mindern lie?e. Ohne Unterstutzung der Politik, die privaten Einkommen zu erhohen und den Konsum zu starken, ist das aber schwierig.

Es geht um viel. Wer die Zentrale der Genossenschaft im Neubauviertel der Gemeinde Futian, die zur Stadt Yiwu gehort, aufsucht, kann sich davon ein gutes Bild machen. In Futian ist zwolf Monate im Jahr Vorweihnachtszeit. Alle Ladenlokale in den unteren Stockwerken der Mehrfamilienhauser bieten Weihnachtsdekoration. Schon auf den Gehwegen muss der Fu?ganger Haken schlagen, um Warenkisten und herumstehenden Weihnachtsmannern auszuweichen. In den Geschaften stolpert man uber Pappkartons, es ist eng, und immer wieder sto?t man mit dem Kopf gegen Kugeln und Herzchen, die von der Decke baumeln. Aus aller Welt stromen Handler in die Stadt, um sich fur den Weiterverkauf einzudecken. Glitzernde Schriftzuge wunschen ein frohes Fest auf Englisch, Deutsch und Spanisch.

Spielzeug-Hochburg China

Das Geschaft hat Wohlstand in die Stadt gebracht. Das verfugbare Pro-Kopf-Einkommen liegt mit fast 29.000 Yuan jahrlich, umgerechnet knapp 3000 Euro, um 82 Prozent uber dem Landes-Durchschnitt. Das zieht weitere Produzenten an. Seit Beginn der Krise ist die Zahl der Weihnachtsschmuck-Produzenten in der Stadt um mehr als 30 Prozent auf insgesamt 400 gestiegen. Die Firmen hoffen auf die Sogwirkung des Marktes. Die Stadt ist das Zentrum der chinesischen Industrie fur kleine Massenwaren aller Art wie zum Beispiel Baseballkappen, Keramikschalen, Papier, Souvenirs – und Weihnachtsartikel.

Ohne China ware Weihnachten in der ubrigen Welt deutlich armer. Vier von funf Christschmuck-Artikeln stammen aus dem Reich der Mitte. Und von vier Spielzeugen werden drei zumindest teilweise im Perlflussdelta gefertigt. Die Werkstatten des Weihnachtsmanns – sie liegen nicht am Nordpol, wie es die Marchen erzahlen, sondern in China, genauer gesagt, sudlich des Jangtse-Flusses.

Doch in den Werkstatten lauft es nicht mehr so rund wie fruher. Vor allem die Spielzeug-Industrie steckt in Schwierigkeiten. Nicht alles ist der weltweiten Krise anzulasten, manches Problem haben die Hersteller selbst verschuldet. Das Konzept der Billigproduktion geht nicht mehr auf, seit sich die Beschwerden der Kunden uber Qualitatsmangel und giftige Weichmacher in Kinderspielzeug hauften. Namhafte Hersteller wie der deutsche Teddy-Spezialist Steiff ziehen ihre Produktion aus China ab.

Quelle: www.sueddeutsche.de